Auf dieser Seite finden Sie Beiträge zu Kleidung und Accessoires, die von den Ladys und Gentlemen im England der Regency-Zeit getragen wurden.
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Das Retikül
28.08.2024
Da die Damenkleider keine eingenähten Taschen hatten, trugen junge Damen ihre notwendigen Kleinigkeiten in einem Retikül bei sich. Dabei handelte es sich um einen Beutel, der mit einem Zugband geschlossen und an diesem um das Handgelenk getragen wurde.
Das Retikül war oft mit Stickereien oder Perlen verziert und aus einem Stoff gefertigt, der zu einem bestimmten Gewand passte, sodass eine Dame mehrere Retiküle besaß. Die Damen bestickten bzw. verzierten ihre Retiküle oft selbst.
Doch was trug eine Regency-Dame in ihrem Retikül eigentlich so alles bei sich? Meist waren dies:
- Münzen bzw. eine Münzbörse
- Riechsalz
- Taschentuch
- Fächer (sofern klein genug, um ins Retikül zu passen)
Hinzu kommen konnte noch:
- Glasphiole bzw. Flakon mit Parfum
- Süßigkeiten
- Kosmetikdöschen mit Spiegel, Rouge, Lippenfarbe, Pinsel
- Taschenkalender oder Almanach (extra klein und speziell gemacht, um in ein Retikül zu passen)
- winzige Bücher (ebenfalls extra klein für Retiküle gemacht)
- Nähetui mit Nadel, Faden, kleiner Schere
- Schreibset (kleines Notizbüchlein, Bleistift)
- kleines Silhouettenbild oder Augenminiatur („Lover’s Eye“) des Liebsten
- Sehhilfe (Brille, Lorgnette, Lupe o.ä.)
- Visitenkarten für Besuche
- ggf. ein Brief oder eine Einladung
- ggf. eine Schnupftabakdose (es gab auch Damen, die Schnupftabak verwendeten)
Stickmuster und Zierstiche
25.07.2024
Einen großen Teil ihrer Freizeit verbrachten junge Damen mit Sticken. Es galt als vornehme Tätigkeit, die viel Geschick und Können erforderte. Tagsüber saßen sie an einem hellen Fenster oder draußen, abends bei Kerzenschein. Zur Unterhaltung konnte einer der Männer aus einem Buch vorlesen oder ein Familienmitglied ein Instrument spielen.
Gestickt wurde mit einem Stickrahmen und nach Stickmustern. Modische Stickmuster wurden in zahlreichen Zeitschriften für Damen vorgestellt, z.B. in Ackermann’s Repository. Neben einfachen Stichen wie Heft-, Rück-, Ketten- und Hexenstich wurden auch komplexere Stiche wie Grätenstich für Blätter, Rosenstich für Rosenblüten/-knospen, Knotenstich für Blütenstempel, Margeritenstich für Blütenblätter, Ährenstich für Kornähren und der Kreuzstich verwendet. Oft wurden Stickmuster mit Lochstickerei kombiniert und Perlen und Pailletten eingearbeitet. Besonders beliebt war die Weißstickerei. Dabei wurde weiß auf weißem Stoff (oft Musselin) gestickt.
Sticken hatte neben der Freizeitbeschäftigung aber auch einen ganz praktischen Grund – bestickte, mit Gold- oder Silberfäden durchwirkte oder anderweitig aufwändig hergestellte Stoffe waren ausgesprochen teuer. Kleidung und Accessoires mit Stickereien selbst zu verzieren war wesentlich kostengünstiger. Auf diese Weise konnte selbst eine junge Dame, die sich keine teuren Stoffe leisten konnte, schön verzierte Kleider tragen, wenn sie im Sticken geübt war. Es konnte daher jede junge Frau bestickte Kleider, Schultertücher etc. haben.
Kopfbedeckungen der Regency-Dame
25.06.2024
Außer Haus trugen Frauen stets eine Kopfbedeckung. Dazu zählten Schuten und andere Hüte aus Stroh und/oder Stoff, z.B. Samt oder Seide, sowie Hauben aus Stoff, Spitze oder Gaze. Die Dekoration mit Bändern, Federn, Perlen, Kunstblumen etc. war je nach Status, Mode und Geschmack sehr unterschiedlich.
Die Abbildung zeigt drei Kopfbedeckungen (v.l.n.r.): Haube aus silbernem Netz, gefüttert mit violetter Seide, mit silberner Kordel und Quasten; Haube aus durchsichtiger Gaze, mit Silber eingefasst; gelbe Seidenhaube mit Strohblumen.
Heiratete eine Frau oder war sie unverheiratet und bereits Ende 20, trug sie zu Hause meist eine weiße Haube aus Baumwolle, Leinen, Musselin, Seide oder Spitze. Diese war je nach sozialem und ökonomischem Status sehr schlicht bis hin zu sehr elegant und kostspielig dekoriert mit Spitzen, Borten, Rüschen, Schleier, Netz, Perlen, Broschen etc.
Damenschuhe im Regency
26.05.2024
Jede junge Dame hatte zumindest drei Paar Schuhe: einfache Schuhe für den Alltag, knöchelhohe Halbstiefel zum Gehen bzw. Wandern und elegante Slipper für Abendveranstaltungen und Bälle. Die Alltagsschuhe waren häufig braun oder schwarz und aus Leder oder Baumwolle, Halbstiefel oft aus Baumwolle oder Ziegenleder, elegante Slipper für Ball- und Abendkleider meist aus farbiger Seide oder Ziegenleder. Die Schuhsohle war stets aus Leder.
Bis etwa 1800 hatten Schuhe eine zulaufende Spitze und einen niedrigen schmalen, konvexen Absatz. Danach waren die Schuhe vorne abgerundet und ohne Absatz. Es gab keinen Unterschied zwischen rechtem und linkem Schuh. Seidene Bänder, die überkreuz gebunden wurden, gaben auch schlichten Schuhen einen besonderen Touch. Man konnte auch einfach ein langes Seidenband kaufen, es in vier gleich lange Streifen schneiden und an beiden Seiten der Schuhe befestigen.
Da das Material der Schuhe dünn, wenig strapazierfähig und nicht wasserdicht war (auch die Halbstiefel nicht), mussten Schuhe gut geschützt und häufig ersetzt werden. Diener trugen daher häufig Unterschuhe aus Holz (Trippen) oder Metall (Patten), die an die Schuhe geschnürt wurden, um sie vor Matsch, Schmutz und Schnee zu schützen. Diese verursachten ein typisches Geräusch beim Gehen.
Stoffgeschäfte und Stoffpreise
29.03. u. 28.04.2024
Stoffe, Spitzen und Bänder konnten von verschiedenen Quellen bezogen werden. Einige Schneiderinnen verfügten über einen Vorrat an Stoffen, aus dem ihre Kundinnen wählen konnten. Allerdings bedeutete dies, finanziell in Vorleistung zu gehen, was sich nur wenige Schneiderinnen leisten konnten. Meist kauften die Damen daher ihren Stoff in einem Stoffgeschäft.
Ein beliebtes Londoner Stoffgeschäft war Grafton House. Jane Austen beklagt sich in einem ihrer Briefe, dass sie eine halbe Stunde warten musste, bis sie bedient werden konnte. Doch auch in kleinen Ortschaften gab es meist ein Geschäft, das Stoffe führte. So hatte auch das kleine Highbury in Jane Austens „Emma“ ein solches Geschäft: Ford's. In meiner „Lost in Regency“-Reihe ist es das „Golden Needle“ in Belcot. Daneben gab es Hausierer, die von Tür zu Tür zogen und Stoffe verkauften.
Baumwoll- und Leinenstoffe kosteten meist 2 bis 4 Shilling/Yard. Der Stoff für ein Kleid (ca. 7 Yards) kostete daher etwa 14 bis 28 Shilling (= 1 Pfund 8 Shilling). Feinere Stoffe wie Musselin waren teurer. So erfahren wir in Jane Austens „Northanger Abbey“, dass Mr. Henry Tilney für seine Schwester Musselin um 5 Shilling/Yard und Mrs. Allen Musselin um 9 Shilling/Yard gekauft hat. Für ein Musselinkleid musste man daher etwa 35 bis 63 Shilling (= 1 Pfund 15 Shilling bis 3 Pfund 3 Shilling) oder mehr bezahlen. Daher konnten sich selbst Mittelklassefamilien nur wenige neue Kleidungsstücke pro Jahr leisten. (Zu Einkommensverhältnissen im Regency siehe meine
Blogbeiträge zu Geld und Einkommen.)
Der Lohn für eine Schneiderin war im Vergleich dazu sehr gering, weshalb Damen ihre Kleidung nicht selbst nähten. Jane Austen ließ für sich und ihre Schwester Cassandra 1811 je eine Pelisse nähen und bezahlte dafür insgesamt 8 Shilling, und in ihrem Roman „Emma“ kann es sich sogar die eltern- und mittellose Harriet Smith leisten, ein Kleid von einer jungen Frau nähen zu lassen.
Berühmte Modemacherinnen
23.02.2024
Eine Dame der besseren Gesellschaft, die ein elegantes Abend- oder Ballkleid anfertigen lassen wollte, beauftragte selbstverständlich keine einfache Schneiderin, sondern eine der berühmten – und teuren – Londoner Modemacherinnen. Während des Regency waren dies unter anderem:
- Mrs. Mary Ann Bell, die ab 1814 an verschiedenen Standorten in London neueste Mode nach französischem Vorbild verkaufte, für die Modezeitschrift La Belle Assemblée schrieb, die ihr Schwiegervater herausgab, und dort auch regelmäßig ihre Entwürfe veröffentlichte.
- Miss McDonald, die von 1810 bis 1820 aktiv war und berühmt für ihre weißen Hochzeitskleider wurde.
- Mrs. Bean, die 1807 zunächst als Hutmacherin begann, aber bald auch als Schneiderin arbeitete, schließlich zur Hofschneiderin aufstieg und als solche 1816 etliche Kleider für die Aussteuer von Prinzessin Charlotte kreierte.
- Madame Le Brun, die in den 1790ern bis etwa 1805 eine der gefragtesten Londoner Modemacherinnen war und vorwiegend für den Adel und die königliche Familie arbeitete.
- Mrs. Webb, die von etwa 1805 bis 1811 Hof- und Ballkleider für die bessere Gesellschaft fertigte.
Stoffe & Materialien
24.01.2024
Baumwolle
Baumwolle war ebenfalls bereits seit Jahrhunderten bekannt, wurde aber erst im Zuge der Kolonisierung und der Entstehung großer Baumwollplantagen in größeren Mengen aus Indien und Amerika nach Europa importiert. Baumwolle konnte nicht nur leichter gereinigt werden als Wolle, sondern eignete sich ähnlich wie Leinen auch hervorragend für das Färben, Bedrucken und Glätten mit heißen Eisen, war jedoch weicher als Leinen und konnte in besonders leichte, feine Stoffe verwebt werden. Baumwolle war daher beliebter für Kleidung als Leinen und wurde auch für Schuhwerk (mit Ledersohle) verwendet. Herrenhemden und -krägen waren entweder aus Baumwolle oder Leinen, je nach Vorliebe des Gentlemans.
Strümpfe, Handschuhe & Co
22.12.2023
Handschuhe
Aus Baumwolle, Seide oder Leder. Es war ein Zeichen schlechter Kinderstube, außer Haus keine Handschuhe zu tragen. Zu (langärmeligen) Hauskleidern oder Straßenkleidern trug man handgelenkslange weiße, beige oder gelbe Handschuhe, zu kurzärmeligen Abend- und Ballkleidern ellbogenlange, meist weiße Handschuhe. Beim Essen zog man die Handschuhe aus und legte sie auf den Schoß, darüber eine Serviette. Handschuhe beim Essen zu tragen galt als schlechtes Benehmen.
Überbekleidung der Regency-Dame
20.11.2023
Spenzer
Kurzjacke mit langen oder kurzen Ärmeln. Oft mit Stickereien, Borten oder Pelzbesatz verziert. Sehr modisch waren Spenzer im militärischen Stil mit Posamentenverschlüssen, wie er auf dem Cover zu meinem Buch "Kein Baron für Miss Louisa" zu sehen ist.
Kleider der Regency-Dame
25.10.2023
Abendkleid (evening dress)
Abendkleider waren aus eleganten Stoffen wie Musselin, Taft, Satin oder Seide und hatten ein weit ausgeschnittenes Dekolleté. Sie konnten lang- oder kurzärmelig sein und hatten manchmal eine Schleppe. Der Saum war oft verziert mit Stickereien, Spitzen und Borten. Abendkleider wurden zum Dinner sowie zu Abendveranstaltungen wie Theater oder Oper getragen.
Ballkleid (ball gown)
Ballkleider waren eleganter als Abendkleider und oft kürzer als diese, damit man beim Tanzen nicht auf den Saum trat. Der Saum war oft mit Bändern, Stickereien und Blumenapplikationen verziert. Debütantinnen trugen meist helle Ballkleider.
Noch eine kurze Bemerkung zu den Begriffen „undress“, „half dress“ und „full dress“, die auf Abbildungen in Modezeitschriften der damaligen Zeit häufig zu finden sind: „undress“ bezeichnet die informelle Kleidung tagsüber (Haus- und Straßenkleider), „full dress“ die formelle Abendkleidung (Ballkleider sowie Abendkleider für formelle Anlässe wie Empfänge und
Theater/Oper). „Half dress“ liegt dazwischen und bezeichnet
Promenadenkleider sowie
Abendkleider für informelle Anlässe wie Dinner und Soirées.
Untergewand der Regency-Dame
Der Petticoat
16.09.2023
Der Petticoat der Regency-Zeit war ein knöchellanges, ärmelloses Unterkleid mit Schulterträgern, das über dem Korsett und unter dem eigentlichen Kleid getragen wurde. Er folgte in Schnitt und Form dem Ausschnitt und Rockteil des Kleides, unter dem er getragen werden sollte, und war oft etwas verziert, da man den Petticoat unter Umständen durch den dünnen Stoff des darüber getragenen Kleides hindurchschimmern sah und der Saum des Petticoats beim Gehen manchmal unter dem Kleid hervorblitzte.
Bei tiefen Temperaturen konnten unter dem Kleid mehrere Petticoats getragen werden, wie es auch Dorothy in meinem Buch "Eine Braut für Admiral Worsley" tat – vorausgesetzt, das Kleid war weit genug dafür.
Das Korsett
13.08.2023
Die Korsetts der Regency-Zeit waren meist aus heller Baumwolle, seltener aus Leinen, und besaßen Schulterbänder, die manchmal vorn oder hinten geschnürt und dadurch in der Länge angepasst werden konnten. Am oberen Saum war meist ein Zugbändchen, mit dem sich die obere Weite der Körbchen regulieren ließ.
Versteifung
Das Korsett (engl. stays) hatte keine Fischbeinversteifungen. Die einzige Versteifung war das Blankscheit (engl. busk), ein in eine eingenähte Stofftasche gestecktes, zwischen den Körbchen nach unten führendes schmales Holzbrettchen von ca. 30-40cm Länge, um eine aufrechte Haltung und gerade Linie zu gewährleisten. Die Stofftasche wurde mit einer Schleife oder Stofflasche verschlossen, sodass das Blankscheit während des Tragens nicht herausrutschen konnte, für die Reinigung des Korsetts jedoch herausgenommen werden konnte.
Schnürung
Die Ösen für die Schnürung bestanden aus umnähten Löchern. Geschnürt wurden Korsetts im Rücken mit einer einzelnen spiralförmig geschlungenen Schnur, wie man im Bild sieht (viele Regency-Korsetts in Filmen, aber auch in Museen sind mit zwei überkreuzten Schnüren und daher falsch geschnürt), weshalb die Ösen oft versetzt waren.
Weiterentwicklung in viktorianischer Zeit
Die Korsetts der Regency-Zeit folgten der natürlichen Körperform und waren nicht für eine enge Schnürung gedacht. Ab den 1820er Jahren änderte sich die Mode, und die Taillenlinie wanderte langsam wieder an ihre natürliche Position. Ab den 1830er Jahren wurden eng geschnürte Taillen modern, und die bis heute typischen Merkmale von Korsetts kamen auf – eingeschlagene Metallösen, kreuzweise Schnürung und das Planchet, ein aus zwei ineinander einhakbaren Metallschienen bestehender Verschluss auf der Vorderseite, der das Korsett leichter an- und ausziehbar macht.
Die Chemise
11.07.2023
Wenn es um die Unterwäsche einer Regency-Dame geht, denken viele zunächst an das Korsett. Dennoch war das Korsett nicht das unterste Kleidungsstück, das eine Dame trug. Um das Korsett vor Körperfett zu schützen, sodass es nicht ständig gereinigt werden musste, wurde darunter eine einfache, leicht zu reinigende Chemise getragen. Dabei handelte es sich um ein schlichtes, etwa knielanges Unterkleid aus weißer Baumwolle mit kurzen Ärmeln und weitem Ausschnitt, das manchmal vorne an der Brust mit Bändern zusammengezogen werden konnte.
Bildnachweise
Die auf dieser Seite verwendeten Bilder stammen vom Metropolitan Museum of Art, vom Rijksmuseum Amsterdam und dem Art Institute Chicago und befinden sich in der Public Domain. Mit Klick auf das Bild gelangen Sie zum jeweiligen Bild auf der Museumsseite.
Textquellen
Meine Recherchen stützen sich vorwiegend auf die folgenden Quellen. Je nach Thema ziehe ich fallweise auch weitere Literatur (wissenschaftliche Fachartikel, Nachschlagewerke etc.) heran.
Literatur:
- Ian Mortimer, Im Rausch des Vergnügens. Eine Reise in das England von Jane Austen und Lord Byron (Verlag Piper, 2022)
- Jennifer Kloester, Georgette Heyer’s Regency World (Verlag Sourcebooks, 2010)
Blogs:
- „Regency Redingote“, https://regencyredingote.wordpress.com/ (2019 eingestellt)
- „Regency Reader“, https://regrom.com/
- „Jane Austen’s World“, https://janeaustensworld.com
- „Risky Regencies“, http://www.riskyregencies.com
- „Regency Researcher”, http://www.regencyresearcher.com
- „Historical Hussies”, http://historicalhussies.blogspot.com
- „Reading the Regency”, https://www.wattpad.com/story/48880602-reading-the-regency
- Blog des Jane Austen Centre, https://janeausten.co.uk/
sowie diverse Blogs von Regency-Autorinnen